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Rechenzentren in Frankfurt — ein Standort mit Zukunft?

September 18, 2023
Im Gespräch mit Oliver Schiebel, CEO der Mainova WebHouse, und Frank Zachmann, Managing Director DACH bei NorthC Group, über die wachsende Zahl an Rechenzentren in Frankfurt sowie mangelnde Platz- und Energiekapazitäten in der Stadt.

Frankfurt zählt weltweit zu den wichtigsten Zentren der Digitalisierung. In der „Hauptstadt der deutschen Digitalwirtschaft“ sind inzwischen mehrere dutzend internationale Rechenzentrumsbetreiber aktiv. Wie steht der Standort Frankfurt/Hessen im nationalen und internationalen Vergleich da und welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung? Latham Energie- und Infrastrukturpartner Dr. Alexander Stefan Rieger im Gespräch mit Oliver Schiebel, CEO der Mainova WebHouse, und Frank Zachmann, Managing Director DACH bei NorthC Group.

Rieger: Frankfurt wird gerne das digitale Herz Europas genannt: Die Stadt ist einer der wichtigsten Datenverarbeitungsstandorte — und verzeichnet bislang das größte Wachstum in Europa. Nun wird seit einiger Zeit diskutiert, inwieweit der Standort noch zukunftsfähig ist. Wie ist hier der Stand?

Schiebel: Die Stadt hat die Ansiedlung von unternehmensunabhängigen Rechenzentren (RZ) in einem Clusterplan/Flächennutzungsplan auf bestimmte Gewerbe- und Industriegebiete begrenzt. Dadurch entsteht für die RZ-Betreiber grundsätzlich ein Platzproblem, obwohl es nach wie vor einen riesigen Bedarf gibt. Auch innerhalb der Cluster ist es für RZ-Betreiber inzwischen schwierig, gute Grundstücke und Leistungszusagen für Strom zu finden, um weiter innerhalb der Stadtgrenzen wachsen zu können.

"Hinter einem Rechenzentrum steht mittlerweile eine globale Industrie und nicht nur ein einzelner Betreiber."

Oliver Schiebel, CEO der Mainova WebHouse

Zachmann: Zusätzlich zum Clusterplan, will die Stadt Frankfurt nun Leitlinien für RZ-Neubauten festlegen, um sie städtebaulich besser einzugliedern und ihren Energiebedarf zu senken. Diese Leitlinien würden Betreiber unter anderem dazu verpflichten, Rechenzentren auch in Mischnutzungen zusammen mit Parkhäusern, Büros oder Arztpraxen in Gebäudekomplexen unterzubringen. Darüber hinaus werden technologische Vorgaben (z.B. der Einsatz von Wasserkühlung oder die Abgabe der Abwärme) gemacht. Diese Vorschläge spiegeln allerdings nicht die Realität der RZ-Landschaft wider. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Eine integrative Nutzung ist etwa für Hyperscaler nicht umsetzbar, und für Colocation-Betreiber ist sie zumindest einmal schwierig. In der Summe führt dies nun dazu, dass sich Großinvestoren und RZ-Betreiber zunehmend im Umland orientieren.

Rieger: Was monieren Sie konkret an der Vorgehensweise?

Zachmann: Was uns aktuell fehlt ist das große Ganze. Die Ideen, die präsentiert wurden, sind jede für sich gesehen ja diskutabel, nur alle zusammen und zur gleichen Zeit umzusetzen ist nahezu unmöglich. Im Sinne der Nachhaltigkeitsziele sind die RZ-Betreiber und die Stadt Frankfurt gar nicht so weit voneinander entfernt. Wie wir dorthin gelangen wollen, könnte allerdings nicht unterschiedlicher sein. Einige Dinge lassen sich einfach nicht so umsetzen, wie es das Energieeffizienzgesetz oder eben die Frankfurter Leitlinien vorsehen. Wir fordern daher, in den Dialog zu gehen und gemeinsam eine Roadmap zu erstellen, die wir dann umsetzen.

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Oliver Schiebel

Schiebel: Hinter einem Rechenzentrum steht mittlerweile eine globale Industrie und nicht nur ein einzelner Betreiber. Ein Hyperscaler plant etwa die Bestückung seines Rechenzentrums in Frankfurt, wie er sie im Rest der Welt plant. Es gibt standardisierte Lösungen für alles. Dieses Prinzip ähnelt der Luftfahrt — welche auch nicht für jedes Land ein eigenes Flugzeug entwickelt, sondern eine Flotte für die ganze Welt. Bei Rechenzentren wird sich dieser Realität teils verschlossen. Man glaubt, am Standort Frankfurt teils eigene Wege gehen zu können. Und was auch gerne vergessen wird: Mit ihrem Wachstum schaffen die RZ-Betreiber kritische Infrastruktur, die zum einen die Digitalisierung erst möglich macht und zudem viele Unternehmen an den Standort Frankfurt lockt. Im Moment herrscht einfach eine große Unsicherheit im Markt und die müsste nicht sein, wenn sich alle miteinander an den Tisch setzen und gemeinsam die Zukunft planen.

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Frank Zachmann

Rieger: Wie ist Frankfurt hinsichtlich der Stromkapazitäten aufgestellt?

Schiebel: Frankfurts Stromnetz ist in puncto Versorgungszuverlässigkeit europaweit Spitze und das ist sicherlich einer der wichtigsten Standortfaktoren. Die Netzversorger bauen das Netz in Frankfurt signifikant aus und nur die Mainova erweitert ihr Netz um die Kapazität einer Stadt, wie Hannover. Leider wächst der Bedarf aber schneller, als sich solche Netzerweiterungen umsetzen lassen. Daher haben die Netzversorger des Stadtgebiets alle Kunden informiert, dass es in den nächsten Jahren in Frankfurt keine neuen Kapazitätszuteilungen geben wird und dass Zuteilungen erst wieder Sinn machen, wenn die Perspektive dafür wieder gegeben ist. Da reden wir aktuell nicht vor dem Jahr 2030. Das macht die Grundstücke, für die es heute eine Netzanschlusszusage gibt, unglaublich wertvoll.

Rieger: Müssen sich die RZ-Betreiber nach neuen Standorten umsehen?

Schiebel: Ob Berlin, Düsseldorf oder München, alle Standorte stehen am Ende vor den gleichen Herausforderungen: es gibt teilweise keine ausreichenden Stromkapazitäten in den Stadtnetzen, in den vorgelagerten Netzen und teilweise auch bei der Erzeugung. Auch weil es mit den Planfeststellungsverfahren immer noch eher zehn als zwei Jahre dauert, eine neue Stromtrasse in Deutschland zu bauen. Das ist eine spannende Herausforderung, insbesondere für die Industrie, die das aus der Vergangenheit so nicht kannte. Und jetzt wird langsam deutlich, dass Unternehmen, die sich mit dieser Problemstellung schon früh auseinandergesetzt haben, im Vorteil sind.

Zachmann: Kleinteilige, integrative und dezentrale Rechenzentren können hier in der Tat ein Teil der Lösung sein, wenn es Strom- oder auch sonstige Kapazitäten nicht oder nur mit eingeschränkten Mitteln gibt; so verändert sich eben auch der Markt.

Endnotes

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