Supply Chain Update – Die wichtigsten Entwicklungen für deutsche Unternehmen: März 2024
Die aktuelle Ausgabe informiert unter anderem über die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive in nationales Recht in Frankreich und in Deutschland und rekapituliert die Entwicklungen rund um die doch noch erfolgte Verabschiedung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive. Außerdem berichtet das Update von dem zweiten Transportgipfel beim BAFA sowie internationalen Entwicklungen, wie der Durchsetzung von Importverboten in den USA zum Schutz der Lieferketten.
I. JÜNGSTE ENTWICKLUNGEN
Neuer Versuch für Verabschiedung der CSDDD gelingt – Deutschland enthält sich
Am 15. März 2024 einigten sich die Mitgliedstaaten der EU im Ministerrat doch noch auf eine abgeschwächte Form zur sogenannten „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD). Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung, wurde aber von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt. Nun muss das Europäische Parlament dem neuen Vorschlag noch zustimmen, was als wahrscheinlich gilt. Diesem weitreichenden Schritt des Ministerrats ging ein langer Weg voraus.
Am 14. Dezember 2023 einigten sich die Europäische Kommission, der Ministerrat und das Europäische Parlament noch auf einen gemeinsamen Entwurf zur CSDDD. Die Verabschiedung galt als Formsache.
Nachdem die zunächst für den 9. Februar 2024 geplante Abstimmung im Ministerrat aufgrund der von Deutschland angekündigten Enthaltung verschoben wurde, herrschte plötzlich Unsicherheit über die Zukunft der CSDDD. Ohne die Zustimmung Deutschlands war unklar, ob die Richtlinie genug Zuspruch im Ministerrat für eine Verabschiedung erreichen würde. In der Abstimmung im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten am 28. Februar 2024 wurde der Entwurf kurzfristig wieder von der Tagesordnung gestrichen.
Belgien versuchte seine Ratspräsidentschaft zu nutzen, um doch noch kurzfristig einen Beschluss zur CSDDD im Ministerrat zu erzielen und hatte damit Erfolg. Am Freitag, den 15. März 2023, wurde ein angepasster Vorschlag der CSDDD zur Abstimmung im Ausschuss Coreper I vorgelegt und angenommen. Der Vorschlag erhöht vor allem die Anwendungsbereichsschwellen des ursprünglichen Entwurfs. So wurden die Risikosektoren als Anknüpfungspunkt entfernt und der Umsetzungszeitraum wurde ausgeweitet. Von der angenommenen Variante sind deutlich weniger Unternehmen erfasst, als von der Ausgangsversion im Dezember betroffen gewesen wären.
Ob es tatsächlich zur Abstimmung kommen würde und wie das Ergebnis der Sitzung ausfallen würde, war lange unklar. Nun steht fest, trotz Deutschlands Enthaltung wurde der belgische Kompromissvorschlag vom Ministerrat angenommen.
Dies war ein entscheidender Schritt. Wäre die Verabschiedung nicht erfolgt, wäre unklar gewesen, ob die CSDDD nach den EU-Parlamentswahlen im Sommer 2024 noch auf der politischen Agenda gestanden hätte. Nun aber ist der Weg frei für eine einheitliche Lösung zur Kontrolle der Lieferketten, und das deutsche LkSG bleibt nicht länger eine europäische Ausnahme.
Frankreich setzt als erstes Land CSRD in nationales Recht um – Deutscher Entwurf veröffentlicht
Die sogenannte „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) ist am 5. Januar 2023 in Kraft getreten. Frankreich hat diese nun als erstes Land der EU in nationales Recht umgesetzt. Ab dem 1. Januar 2025 müssen betroffene Unternehmen in Frankreich, die entweder mehr als 500 Mitarbeiter, mehr als €40 Millionen Umsatz oder eine Bilanzsumme von mehr als €20 Millionen haben, im Sinne der Richtlinie berichten. Die Berichterstattung umfasst insbesondere Angaben dazu, welchen Einfluss das jeweilige Unternehmen auf verschiedene ESG-Faktoren hat.
Auch in Deutschland wird derzeit ein Entwurf für die Umsetzung der CSRD ausgearbeitet. Ein Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD in deutsches nationales Recht befindet sich laut Presseberichten derzeit in der Ressortabstimmung.Berichterstattung zum Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD in Deutschland (F.A.Z.) – hier. Der Inhalt der Umsetzung in Deutschland wird dem französischen Gesetz wohl grundsätzlich ähneln, jedoch dürften die Kennzahlen für betroffene Unternehmen unterschiedlich definiert werden. Nach dem deutschen Entwurf müssen ab 2025 Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte berichten, die mindestens zwei von drei Kriterien erfüllen: „Sie beschäftigen mindestens 250 Mitarbeiter, erwirtschaften mindestens 50 Millionen Euro Nettoumsatz oder weisen eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro aus.“Berichterstattung zum Inhalt des Referentenentwurfs zur Umsetzung der CSRD in Deutschland (F.A.Z.) – hier.
Ab 2026 wird der Anwendungsbereich des deutschen Umsetzungsgesetzes auch börsennotierte Unternehmen, kleine Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen einbeziehen. Die Richtlinie wird auch für Drittlandunternehmen Anwendung finden. Hier knüpft sie beispielsweise an Tochterunternehmen in der EU an, die bestimmte Umsatzschwellen erreichen.Überblick über die CSRD – hier.
Ministerrat und EU-Parlament: Vorläufige Einigung über Verbot von Produkten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden
Nach einem Aufschlag der Europäischen Kommission über das Verbot von Produkten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, haben sich der Ministerrat und das Europäische Parlament mittlerweile auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt.Pressemitteilung des Ministerrats vom 5. März 2024 – hier. Das Papier sieht vor, dass in einer Datenbank der Europäischen Kommission Informationen über die Risiken von Zwangsarbeit z.B. in Form von Berichten der International Labour Organization (ILO) festgehalten werden. Außerdem haben sie sich auf Kriterien geeinigt, anhand derer die Wahrscheinlichkeit bewertet wird, dass gegen das Verbot der Zwangsarbeit verstoßen wird. Steht danach ein Produkt im Zusammenhang mit Zwangsarbeit, muss es vom Markt genommen werden. Bei Zuwiderhandlungen sollen Sanktionen in Form von Bußgeldern drohen. Die Europäische Kommission soll die maßgeblichen Kriterien weiter ausdifferenzieren und entsprechende Richtlinien veröffentlichen.
II. STIMMEN UND PUBLIKATIONEN ZUM LKSG
Zweiter Transportgipfel in Borna
Bei dem zweiten Transportgipfel behandelten das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Akteure und zuständige Behörden geeignete Präventionsmaßnahmen, um das Risiko von Menschenrechtsverletzungen im Transportsektor zu reduzieren. Laut Pressemitteilung des BAFA arbeitet dieses derzeit an einer Handreichung für die Transport- und Logistikbranche.Pressemittelung des BAFA vom 20. Februar 2024 – hier.
CSDDD-Debatte facht Diskussion um LkSG an
In einem offenen Brief des Verfassungsblogs schrieben u.a. zahlreiche Universitäts- und Hochschulprofessoren und -professorinnen an die deutsche Bundesregierung, dass sofern die CSDDD nicht unionsweit einen gemeinsamen Standard für die Lieferketten schaffe, das LkSG für Deutschland zu einem Wettbewerbsnachteil führen könnte.Offener Brief an die Bundesregierung im Verfassungsblog zum Thema „Zur notwendigen Annahme der CSDDD durch den EU-Rat“ - hier. Ähnliche Ansichten äußern weitere Verbände, wie etwa die Initiative LieferkettengesetzAufruf der Initiative Lieferkettengesetz an Bundeskanzler Olaf Scholz – hier. und ein Zusammenschluss aus 25 Unternehmen und Netzwerken.Aufruf des Zusammenschlusses von 25 Unternehmen und Netzwerken an Bundeskanzler Olaf Scholz – hier.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat am 8. Februar 2024 einen Bericht zu den wirtschaftlichen Bedenken erlassen, welche mit dem Erlass der CSDDD einhergehen könnten.Bericht des IW zu den Auswirkungen der Lieferkettenregulierung vom 8. Februar 2024 – hier. Hierzu hat das Institut anhand von Handelsdaten und Umfragen analysiert, welche Auswirkungen die Einführung des LkSG nach einem Jahr für die deutsche Wirtschaft hatte. Im Ergebnis zieht das IW kein positives Fazit.
Weitere Veröffentlichung von Relevanz
In ihrem Aufsatz „ESG-Rechtsvorschriften im internationalen Konzern – Implementierungsmaßnahmen“Aufsatz von Prof. Dr. Oliver Haag und Katrin Drodofsky, LL.M zum Thema „ESG-Rechtsvorschriften im internationalen Konzern – Implementierungsmaßnahmen“ (CB 2024, 61 ff.) – hier. ziehen die Autoren Haag und Drodofsky das 7S-Modell nach McKinsey heran, um die Implementierung der Vorschriften des LkSG und des CSDDD-Vorschlags in internationalen Konzernen darzustellen.
III. SCHON GEWUSST?
EUDR tritt in Kraft
Am 29. Juni 2023 ist die „European Deforestation Regulation“ (EUDR) in Kraft getreten und soll ab dem 30. Dezember 2024 angewendet werden. Die Verordnung verpflichtet Wirtschaftsbeteiligte oder Händler bestimmter Waren (wie u.a. Holz, Kakao, Soja, Palmöl, Kaffee, Kautschuk und deren Folgeprodukte wie Reifen, Möbel, etc.) nachzuweisen, dass die Waren nicht von kürzlich abgeholzten Flächen stammen oder zur Waldschädigung beigetragen haben.Überblick über die EUDR – hier.
Die EUDR normiert selbst keine Strafen für die Nichtbefolgung der Verordnung. Sie sieht aber Richtwerte und denkbare Strafen vor, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollen. Geldbußen sollen danach bei juristischen Personen mindestens 4% des EU-weiten Unternehmensumsatzes aus dem Geschäftsjahr vor der Bußgeldentscheidung betragen.
IV. GLOBALE NEUIGKEITEN
USA verhängen Importverbote
In den USA gilt mit dem „Uyghur Forced Labor Prevention Act” (UFLPA) ein Rechtsakt, wonach die widerlegbare Vermutung besteht, dass Produkte mit Lieferkettenbezug in die chinesische Region Xinjiang unter Zwangsarbeit hergestellt wurden. Solange diese Vermutung nicht widerlegt wurde, dürfen diese Produkte weder in die USA importiert noch dort verkauft werden.Aufsatz von RA Dr. Stefan Bartz, RA Falko Schmidt und Stian Lehne zum Thema „Nationale Gesetze, internationale Lieferketten – zu den Wechselwirkungen verschiedener nationaler Lieferkettenregulierungen am Beispiel von LkSG und UFLPA“ (CCZ 2024, S. 25 ff.) – hier. Die Regelungen des UFLPA gehen in Reichweite und Konsequenz weit über das LkSG hinaus.
Den UFLPA als besondere Ausgestaltung des US Tariff Act gibt es in den USA schon lange. Der Rechtsakt ist indes jüngst aus dem Schatten getreten und wird nun konsequent durchgesetzt. Dies führte dazu, dass diverse Produkte in US-Häfen festgesetzt wurden.
Diese Entwicklung in den USA fügt sich in die weltweite Lieferkettenregulierung ein. Immer mehr nationale Gesetze regulieren internationale Lieferketten. Dies zeigt sich auch in der Einigung vom Europäischen Parlament und dem Ministerrat zum Verbot der Einfuhr von Produkten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden.
Die sich überlappende Rechtslage stellt die betroffenen, international agierenden Unternehmen vor große Herausforderungen. Teilweise können Synergieeffekte geschaffen werden, wovon zwingend Gebrauch gemacht werden sollte, um Ressourcen bestmöglich zu schonen.
V. WEITERFÜHRENDE PUBLIKATIONEN
- Über die weltweiten Entwicklungen im Bereich CSR/ESG informiert unser Newsletter ESG Insights, aktuell zu den zehn wichtigsten ESG-Themen 2024.
- Latham & Watkins Supply Chain Update vom 24. Januar 2024
- Latham & Watkins Client Alert zur Umsetzung der CSRD in französisches nationales Recht