Supply Chain Update – Die wichtigsten Entwicklungen für deutsche Unternehmen: Mai 2024
Die aktuelle Ausgabe informiert unter anderem über die Zustimmung des Europaparlaments zur CSDDD und die Auswirkungen der CSRD auf das deutsche Lieferkettengesetz. Außerdem berichtet sie über die jüngste Einschätzung zum Lieferkettenrecht des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, der meint, dass die Wirtschaft wieder „Luft zum Atmen“ brauche.
I. JÜNGSTE ENTWICKLUNGEN
Europaparlament stimmt CSDDD zu
Am 24. April 2024 hat das Europaparlament die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) verabschiedet.
Die Richtlinie legt verbindliche Verpflichtungen für Unternehmen und ihre Partner in der Lieferkette fest, um negative Auswirkungen wie Sklaverei, Kinderarbeit, Verlust der biologischen Vielfalt sowie Verschmutzung oder Zerstörung der Natur zu verhindern, zu beenden oder abzumildern. Der Anwendungsbereich der CSDDD erfasst EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über €450 Millionen. Die CSDDD gilt auch für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, die in der EU einen Umsatz von über €450 Millionen erzielen. Weiterführende Informationen finden Sie im Latham & Watkins Artikel zur CSDDD.
Die Richtlinie muss nun noch formell vom Europäischen Rat gebilligt und dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. 20 Tage nach Inkrafttreten haben die Mitgliedstaaten der EU zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Ab 2027 sollen die Umsetzungsgesetze durch die Mitgliedstaaten angewandt werden.
Der Anwendungsbereich sieht eine gestaffelte Einführung nach Unternehmensgröße vor. Erst fünf Jahre nach Inkrafttreten soll der oben beschriebene Anwendungsbereich gelten. Ab 2027 werden zunächst nur Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als €1.5 Milliarden Jahresumsatz erfasst.
LkSG: BAFA bereitet Berichtsprüfungen vor und versendet informatorische Anfragen
Im April 2024 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erneut Auskunftsanfragen nach dem LkSG an ausgewählte Unternehmen gerichtet. Das BAFA fragt mit diesen informatorischen Anschreiben vereinzelte Aspekte der Sorgfaltspflichten ab und liefert dadurch Hinweise, welche Inhalte im Fokus der Behörde liegen.
Das BAFA scheint seine Praxis aus dem vergangenen Jahr fortzusetzen. Die Fragen können ein guter Anhaltspunkt für etwaige Lücken und Schwächen in der unternehmenseigenen Umsetzung des LkSG sein.
Das BAFA hat auf seiner Website bereits angekündigt, ab 1. Januar 2025 erstmals die Berichte nach §§ 10, 12 LkSG zu prüfen.Informationen von BAFA zur Berichtspflicht – hier. Damit hat das BAFA die gesetzlich vorgesehene erste Prüfung (2024) eigenständig nach hinten verschoben. Inwieweit die informatorischen Anfragen der Vorbereitung des ersten Prüfprozesses dienen, ist nicht bekannt.
II. STIMMEN ZUM LKSG
Wirtschaftsminister Habeck fordert schlankeres LkSG
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich für eine Überarbeitung des deutschen LkSG ausgesprochen, um es effizienter, unternehmensfreundlicher und pragmatischer zu gestalten.Berichterstattung vom 29. April 2024 (Stern) – hier. Der Grünen-Politiker betonte die Notwendigkeit, der deutschen Wirtschaft mehr „Luft zum Atmen“ zu geben, insbesondere durch die Reduzierung der Berichtspflichten, ohne dabei Zwangsarbeit und Ausbeutung zu tolerieren. Laut Habeck reiche die bloße Berichterstattung nicht aus, um diese Probleme zu überwinden. Er schlug daher vor, die bestehenden Normen beizubehalten, aber ihre Umsetzung zu vereinfachen.
Darüber hinaus verwies Habeck auf die CSDDD, welche keine zusätzlichen Berichtspflichten vorsehen werde. Er schlug vor, dass der Staat eine unterstützende Rolle einnehmen und als eine Art Serviceagentur fungieren sollte, die Daten austauscht, anstatt Unternehmen ständig zu kontrollieren. Habeck forderte außerdem die Einführung der Möglichkeit einer digitalen Berichterstattung sowie Erleichterungen für kleine Unternehmen, um die Einhaltung gesetzlicher Pflichten zu vereinfachen.
III. SCHON GEWUSST?
Auswirkungen der CSRD auf das deutsche LkSG
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat die Umsetzung der „Corporate Social Responsibility Directive“ (CSRD) in deutsches Recht angekündigt und einen Referentenentwurf vorgelegt. Dieser verpflichtet Unternehmen dazu, detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen zu berichten. Buschmann hat dabei insbesondere auf die Vermeidung doppelter Berichtspflichten hingewiesen:
„Zudem war mir wichtig, doppelte Berichtspflichten zu vermeiden – gerade mit Blick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.“Pressemitteilung Nr. 27/2024 vom 22. März 2024 – hier.
Der Referentenentwurf sieht vor, die bisherige „nichtfinanzielle Erklärung“ durch einen umfassenderen Nachhaltigkeitsbericht zu ersetzen, der auch von Wirtschaftsprüfern geprüft werden soll.
Die neue Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird ab 2024 schrittweise eingeführt und erfasst zunächst kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Bis 2028 sollen stufenweise weitere Unternehmensgruppen einbezogen werden, unter anderem große Handelsgesellschaften gemäß § 267 Abs. 3 HGB sowie kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen. Dadurch steigt die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen auf insgesamt etwa 13.000 deutsche Unternehmen – ein deutlicher Zuwachs. Um den bürokratischen Aufwand zu minimieren, soll das LkSG daher angepasst werden. Insbesondere sollen Unternehmen ihre Berichtspflichten durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts erfüllen können. In Konzernkonstellationen soll der Nachhaltigkeitsbericht der Muttergesellschaft auch für deren Tochtergesellschaften ausreichen.Art. 3 des Referentenentwurfs – hier.
IV. GLOBALE NEUIGKEITEN
Großbritannien plant eigenes Lieferkettengesetz
Im Vereinigten Königreich haben Mitglieder des Oberhauses einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Umwelt und Menschenrechte für britische Unternehmen vorsieht.Veröffentlichung des Parlaments des Vereinigten Königreichs zu dem Gesetzesentwurf – hier. Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten soll Umwelt- und Menschenrechtsschäden verhindern. Zur Durchsetzung sieht der Entwurf eine zivilrechtliche Haftung und eine regulatorische, behördliche Durchsetzung vor. Der persönliche Anwendungsbereich des Entwurfs erfasst Unternehmen, die im Vereinigten Königreich gegründet wurden oder dort geschäftlich tätig sind.
Nach dem Entwurf sollen Unternehmen die Identifizierung und Abwendung potentieller Schäden für Umwelt und Menschenrechte sicherstellen und hierzu effektive Beschwerdemechanismen einrichten. Der Gesetzesentwurf zeigt das wachsende Momentum für verpflichtende Umwelt- und Menschenrechtssorgfaltspflichten im Vereinigten Königreich, insbesondere, da der Entwurf trotz diverser Überschneidungen mit dem oben beschriebenen EU-Regime eingebracht wurde.Aufsatz zum Thema „Der Entwurf eines britischen Lieferkettengesetzes – LkSG on steroids?“ von Dr. Joshua Blach (NZG 2024, 235 ff.) – hier.
V. WEITERFÜHRENDE PUBLIKATIONEN
- Über die weltweiten Entwicklungen im Bereich CSR/ESG informiert unser Newsletter ESG Insights, aktuell zu den zehn wichtigsten ESG-Themen 2024.
- Latham & Watkins Blog-Artikel zum Thema „EU Member States Reach Agreement on Corporate Due Diligence Directive“ vom 18. März 2024
- Latham & Watkins Blog-Artikel zum Thema „EU Parliament Approves Supply Chain Sustainability Rules“ vom 25. April 2024
- Latham & Watkins Supply Chain Update vom 24. Januar 2024
- Latham & Watkins Supply Chain Update vom 15. März 2024